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Streifzüge durch Schwaben 14: Ein Skilift für die Zukunft

Der Unser Iberg e.V. setzt auf eine Bottom-Up-Lösung

Projekt: Streifzüge durch Schwaben
Ein junger HeimatUnternehmer schaut in die Kamera, im Hintergrund Skilift-Zubehör
Moritz Sontheim ist der Vorsitzende des Vereins Unser Iberg e.V., der sich um die Rettung der Iberg-Skilifte kümmert.
© Daniel Delang/Initiative HeimatUnternehmen
Ein Familien-Lift in mehrerer Hinsicht
Es ist zwar erst Spätsommer, doch wir können die Begeisterung für den Skibetrieb bei allen Beteiligten heraushören: Simone, Moritz und Alex aus der Vorstandschaft von Unser Iberg e.V., Senior Alois und die aktuellen Lift-Betreuer Thomas und Marco. Fotograf Daniel Delang und ich sind auf unseren „Streifzügen durch Schwaben“ auch in die verwinkelte Bayern-Ecke von Maierhöfen gefahren, um sie zu treffen. Wie soll das gehen, einen Lift zu retten, wo doch überall Skilifte schließen?
Zuerst ist es so, dass hier keine riesige Profitbetreibergesellschaft hinter den bewährten Liften am Iberg steht. Seit Jahrzehnten wird der beliebte Familien-, Schüler- und Boarderlift von der Familie Prinz-Rudhart betreut. Alois Prinz war von der ersten Stunde an damit betraut, nachts die richtige Zeit abzupassen, um die Piste für den Skibetrieb zu präparieren. Viel hat er dabei erlebt, viele Stunden in der Schräge der Piste verbracht, um bereit zu sein, wenn am Morgen aus der Region die Wintersportler eintrafen.
Wenn er vom Iberg-Lift erzählt, ist es so, wie wenn man ein bisschen stolz, ein bisschen wehmütig - über großgewachsene Kinder spricht. Jetzt ist er über achtzig Jahre alt, und hat schon lange die Liftgeschicke an seinen Schwiegersohn Thomas übergeben, Enkel Marco hilft ebenfalls mit.
Marco kennt es nicht anders, als dass im Winter bei guter Schneelage vor dem elterlichen Hof der Lift läuft. Der liegt am Fuße des Iberg-Nordhangs, wo seit 1960 die damalige Innovation Skilift in Betrieb ist. Ihm geht es wie den anderen jungen Mitstreitern im neu gegründeten Verein Unser Iberg e.V. Sie haben hier Skifahren gelernt, sind nun auch auf dem Snowboard dort oder kommen schon mit ihren eigenen Kindern her.

Skilift-Rettung mit vereinten Kräften
Als das definitive Aus der beiden Lifte drohte, haben sie zusammen mit einem wackeren Haufen jungen und älteren Westallgäuern beschlossen, dagegen etwas zu tun. Auch ihre Sprösslinge und die Kinder der Umgebung sollten hier noch Skifahren lernen! Sie konnten den Eigentümer des Lifts überzeugen, den Abbau abzublasen. Sie formierten sich mit Hilfe von HeimatEntwickler Christian Skrodzki zu einem Verein und konnten so die Anlage übernehmen.
Sie soll nun immer fahren, wenn der Naturschnee reicht. Die Fixkosten sollen über Mitgliedsbeiträge gedeckt werden. So der Plan.
Als wir die Liftstation besichtigen und über das Gelände gehen, wird klar, es geht auch um etwas anderes: Heimat zu bewahren. In der gewachsenen Struktur der familiären Schlepplifte sieht man direkt, wie der Betrieb funktioniert und wer dafür wie Hand anlegen muss. Die Iberg-Skilifte liegen aber auch nicht irgendwo entfernt in einer hochgerüsteten Alpinwüste, sondern arbeiten mit dem natürlichen Schnee auf den Westallgäuer Hängen und Buckeln. Sie sind vertraut und sympathisch. Hier wird noch von Hand die Liftkarte gestempelt, kein Schneiteich bohrt sich in den Berg, das Iberg-Stüble nebenan ist keiner automatisierten Jaga-Tee-Zapfanlage gewichen. Man kann noch „gschwind“ eine Runde Abfahren gehen.

Die finanzielle Basis für die Unwägbarkeit: Schnee oder nicht?
Die Idee, sie zu retten, gefiel entsprechend auch Jung und Alt aus dem ganzen Umkreis. Nicht nur einige wenige profitieren davon, sondern die Gesellschaft. Die notwendige Organisationsform ist dabei als Verein auf den Schultern Vieler verteilt, die unmittelbar sehen, was sie bewirken.
„Das Schöne ist schon, dass wir gemeinsam etwas bewirken können“, versucht der Erste Vorsitzende Moritz Sontheim zusammenzufassen, was ihn am Projekt begeistert. „Es sind so viele unterschiedliche Menschen engagiert, man kommt mit ganz verschiedenen Sichtweisen, Berufen und Kenntnissen in Kontakt, und hilft zusammen, das ist einfach sehr befriedigend. Da gibt's was zu lösen, da kann einer was, und dann wird es gemeinsam gemacht.“
Ob das neue Betriebsmodell auf die Dauer funktioniert, wird sich erst mit der Saison weisen müssen. Der Verein hat sich eine Mitgliederzahl als Ziel gesetzt, um genügend Finanzmittel für die Wartung und den Betrieb zu haben. Wenn dann der Schnee kommt, kann man am Iberg unkompliziert und naturverträglich die Piste herstellen. Dann könnten auch wieder Schulklassen und Gruppen kommen, wie es von Anfang an auch gedacht war. Sie finden gute Bedingungen, um auf gut 760 Pistenmetern bei rund 200 Metern Höhenunterschied eine schöne Seite des Winters kennenzulernen.

Simples Skivergnügen ohne groß' Tamtam
„So einen Hang findet man selten“, sagt Alois Prinz mit einem leichten Lachen auf die Frage nach einer guten Geschichte am Iberg. Das ist die beste Geschichte: „So eine freie Fläche, kein Engpass, keine Gefahrenstelle drin. Wir walzen ja immer zwei Hänge, das gibt für einen Lift eine riesen Fläche. Die Skifahrer können ungehindert fahren und haben viel Platz. So ideal – gibt’s gar nirgendswo.“
Der Iberg-Skilift steht für ihn auch für eine Trainingsmöglichkeit für Normalbürger, wo man ohne großen Zeit- und Geldaufwand fahren kann. Viele gute Skisportler sind über die Jahrzehnte mit Einheiten am Iberg-Nordhang besser geworden. Es sei schade, wenn dies nun ganz vorbei und Skifahren nur noch mit viel Geld auf Gletscherpisten möglich wäre.
Dass der Lift weiterläuft, freut auch Franz Immler jun., den Sohn von Eigentümerin Alwine und Gründer Franz Immler sen. Auch er ist von klein auf den Iberg-Nordhang hoch- und runtergefahren und geht auch heute noch gern dort auf die Piste.
„Der Luis Prinz, der ist ja von Anfang an beim Lift dabei, und kennt ihn in- und auswendig. Auch der Thomas, sie wissen genau wie der tickt," sagt er. Der Lift, ein klassisches Doppelmayer-Modell, sei solide und laufe von Anfang an immer zuverlässig und problemlos beim TÜV. „Mit ausreichenden Mitgliederzahlen kann der Verein den Betrieb gut stemmen. Ich freue mich sehr, dass es weitergeht und halte die Initiative Unser Iberg e.V. für sehr wünschenswert.“ Und schon kommen auch ihm beim Gedanken an den Iberg-Skilift sofort freudige Erinnerungen, an Skirennen und ganze Tage, die man von morgens bis abends nur auf der Piste verbracht hat ... Eben damals, als der Schnee noch sicherer war.

Ehrenamtliches Engagement im ländlichen Strukturwandel
Doch ganz ohne Schnee ist das Allgäu ja auch nicht. Auch wenn er weniger wird, so gibt es doch schneereiche Winter, in denen man nutzen kann, was bereits da ist. Wie etwa einen Familienlift auf Naturschneebasis, der über Kuhweiden führt. Moritz, Simone und Alex setzen dazu gerne ihre Freizeit ein, um als ehrenamtliche Vorstände mit dem Unser Iberg e.V. die Möglichkeit zu bieten.
Es ist nicht nur der agile Umgang mit dem Klimawandel, der uns in Maierhöfen-Riedberg vorgestellt wurde. Für unsere Streifzüge typisch ist auch das Motiv, wie schnell sich das Landleben doch seit rund 70, 80 Jahren verändert hat. Wurde Opa Alois, der Mechaniker werden wollte, vom Vater noch einfach so zum Hoferben bestimmt – „Du nimmsch da Hof, und aus“ – so ist es heute so, dass kaum etwas planbar ist. Strukturen und Möglichkeiten ändern sich schnell, manchmal unkontrollierbar. Gut, wenn sich dann Menschen zusammentun, um gemeinsam die Veränderungen handhabbar zu machen.

Markante Linien und junger Antrieb
Daniel fotografiert mit Begeisterung die charmante Technik des Skilifts und freut sich über die Westallgäuer Voralpenlandschaft mit ihren schrägen Perspektiven. Ich bin berührt von Alois Prinz' furchigen Händen, die so viel von der Zeit und auch vom Skilift erzählen. Sie passen gut zusammen mit dem jungen Elan der Vereinsvorstände, die auf ihre Weise ein Erbe übernehmen.
Es wird Zeit, aufzubrechen an diesem Spätsommertag. Was wir noch nicht wissen, ist, dass die Skisaison am Iberg am 3. Dezember bei besten Bedingungen eröffnet werden wird und dass genügend Mitglieder dem Verein beitreten. Dass Moritz von „denne Däg, für die ma des macht“ schwärmen wird. Wir haben aber ein gutes Bauchgefühl und ziehen erstmal zufrieden weiter Richtung Bodensee, um ebenfalls einen früheren Milchviehbetrieb und sein Umfeld zu besuchen. Er hat sich aber als Kräuterhof einen Namen gemacht: Artemisia. In Stiefenhofen, ein paar Täler weiter süd-westlich...

Dieser Artikel ist Teil der großen HeimatUnternehmen-Reportageserie Streifzüge durch Schwaben. Hier geht es zu allen Serienteilen.
Fotos: Daniel Delang; Texte: Veronika Heilmannseder


Kontakt:
Iberg-Skilifte Maierhöfen-Riedholz
Riedholz 15, 88167 Maierhöfen
Verein Unser Iberg e.V.
https://www.unser-iberg.de/, wir@unser-iberg.de
Tel. 0151-23316267
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