Eröffnet wurde das 17. Zukunftsforum vom Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, sowie vom Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck. Beide bekannten sich überzeugend zur Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilräumen und insbesondere auch in Bezug auf die strukturschwachen ländlichen Räume. Dazu sagt Bundesminister Özdemir: »Die ländlichen Regionen sind die Kraft unseres Landes. Egal ob Energieversorgung und Mobilität der Zukunft, regionale Wirtschaftskreisläufe oder besserer Schutz vor Extremwettern – die ländlichen Räume spielen bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungen eine Schlüsselrolle. Viele Menschen packen hier gemeinsam an, engagieren sich ehrenamtlich und schaffen Gemeinschaft. Wenn wir die Potentiale der ländlichen Räume noch stärker fördern und heben, sind sie unsere Pioniere und Zukunftsgestalter für eine engagierte Bürgergesellschaft und einen neuen Wohlstand. Dieser fußt auf einer nachhaltigeren Art des Wirtschaftens mit kurzen Wertschöpfungsketten und einer regionalen Verarbeitung.« Mit dem gleichen Verständnis von nachhaltiger Entwicklung stellte Bundesminister Habeck fest: »Ländliche Räume decken nicht nur etwa 90 % der Fläche Deutschlands ab, sie sind auch das wirtschaftliche Fundament unseres Landes. Die Transformation hin zu Klimaneutralität, die Digitalisierung und die demografische Entwicklung stellen ländliche Räume vor große Herausforderungen, gleichzeitig finden sich dort aber auch große Potenziale und Chancen. Die Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik hat in dieser Legislaturperiode die Weichen dafür gestellt, dass die vielfältigen Entwicklungspotenziale in ländlichen Räumen besser genutzt und damit auch die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen verbessert werden.« (PM BMEL 9/2024)
Nach der Eröffnung fanden in vier Blöcken insgesamt 28 Fachforen statt, in denen die Thematik aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet wurde. Dabei ging es etwa um die Erzeugung lokaler Produkte, die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region oder auch die Förderung von lokalem Unternehmertum und Firmengründungen. Hierbei waren die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Landentwicklung (Arge Landentwicklung) und die Deutsche Landeskulturgesellschaft (DLKG) am Donnerstag, den 25. Januar von 9:30 bis 11:00 Uhr mit dem gemeinsamen Fachforum »Innovation durch Integrierte Ländliche Entwicklung« überaus erfolgreich vertreten. Das Forum sprach 128 angemeldete Teilnehmende im Saal und zahlreiche zugeschaltete Personen an. Gekonnt moderiert wurde die Veranstaltung von Huberta Bock vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus.
In Ihrer Einführung skizzierte Ina Abel, Vorsitzende der Arge Landentwicklung, den allgemeinen Ansatz der Integrierten Entwicklung Ländlicher (ILE) und ihre besonderen Möglichkeiten zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft und Verbesserung der Daseinsvorsorge einschließlich attraktiver Lebensbedingungen. Dabei spielt der Erhalt vorhandener Bausubstanz eine wichtige Rolle, um nach dem Grundsatz »Innen vor Außen« gerade auch die Ortskerne lebendig zu halten.
Wie dies erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigten anschließende zwei Best Practice-Beispiele auf. Projektmanagerin Bente Juhl erläuterte überzeugend den Info- und Wartungsdienst für historische Gebäude als Projekt der Stiftung Kulturschatz Bauernhof, Cloppenburg. Um alle Eigentümer bei der Erhaltung ihrer alten, vor 1945 errichteten Häuser im Interesse des Gemeinwohls beratend zu unterstützen, wurde 2004 der Monumentendienst gegründet. Sein Ziel ist es, in der Region Weser-Ems mit speziell qualifizierten Fachleuten dem langsamen und vielfach unbemerkten Verfall kulturhistorischer Bauwerke mit präventiven Maßnahmen entgegenzuwirken. Durch Inspektion, Konzepterstellung und Bauberatung können so erhaltenswerte Gebäude vor größeren Schäden bewahrt und damit kostengünstig langfristig erhalten werden. Einen vergleichbaren Ansatzverfolgt auch die Initiative »Neues Leben auf alten Höfen« des Kreises Steinburg, die Katharina Glockner vom Büro für Regionalentwicklung der Region Nord, Itzehohe, vorstellte. Auf eine kostenfreie Erstberatung zur Instandsetzung alter Gebäude folgt eine Konzepterstellung, die dann zu einer Investitionsförderung führen soll. Durch das niederschwellige Angebot kann in beiden Projekten Leerstand vermieden und ein effektiver Beitrag zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme geleistet werden. Vielfach entstehen im Zuge einer Um- und Nachnutzung auch neue Dienstleistungsangebote und attraktive Arbeitsplätze, die gleichzeitig zur Sicherung der Grundversorgung beitragen. Schließlich sorgt die nachhaltige Nutzung historischer Bausubstanz auch für den Erhalt des kulturellen Erbes in den Dörfern.
Alfred Wolf und Felix Schmidl stellen in Ihrem Vortrag »HeimatUnternehmen Bayern – einfach machen« an eindrucksvollen Beispielen die Initiative HeimatUnternehmen der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung vor. Dabei handelt es sich um offene Netzwerke, in denen sich Menschen mit unterschiedlichsten Projekten zusammentun, um sich gegenseitig bei der Umsetzung von Firmengründungen zu beraten, zu coachen und zu unterstützen. Die Gründerinnen und Gründer sind Menschen mit einer Vision und damit die Innovationsträger, die es braucht, um aus Ideen erfolgreiche Projekte werden zu lassen. HeimatUnternehmende haben von ihrem Engagement jedoch nicht nur einen persönlichen Nutzen, denn sie machen auch ihr Dorf, ihre Gemeinde und ihre Region vielfältiger, lebendiger und attraktiver. Dieser Ansatz prägt auch das Regionalmarketing »ECHT Fläming«, welches von der Regionalmanagerin der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) »Rund um die Flaeming-Skate«, Bianca Moeller, vorgestellt wurde. Hierbei handelt es sich um eine Regionalmarke, die zahlreiche Lebensmittelproduzenten der Fläming-Region vernetzt, repräsentiert und neue Vermarktungswege erschließt.
In seinem Resümee skizzierte Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann, Vertreter der DLKG, vor dem Hintergrund der großräumigen Raum- und Siedlungsstruktur zunächst den demografischen Wandel in Deutschland. Er betrifft besonders die strukturschwachen ländlichen Regionen, weil sie auch langfristig von einer anhaltenden Abwanderung betroffen sein werden. Daher ist in den sog. Schrumpfungsregionen eine Doppelstrategie notwendig, um sich einerseits auf die weniger und älter werdende Bevölkerungen einzustellen, andererseits aber auch dem Fortzug junger Menschen soweit wie möglich entgegenzuwirken. Hierzu bedarf es neben einer ausreichenden Daseinsvorsorge und einem ansprechenden Wohnumfeld vor allem attraktiver Arbeits- und Ausbildungsplätze. Hierzu konnte das Fachforum wirksame Ansätze aufzeigen, die ohne Weiteres übertragbar sind. Dabei verdeutlichten die vorgestellten Praxisbeispiel die Wirkungsweise und möglichen Erfolge der aufgezeigten Strategien. Sie sind gekennzeichnet durch niederschwellige Angebote der Beratung, Wissensvermittlung und Vernetzung. Hierdurch ist eine breite Wirkung bei geringem Mitteleinsatz möglich, die zu weiteren Investitionen für den Erhalt und die Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten führt.
Als Fazit ist festzuhalten, dass das Fachforum den Erwartungen voll und ganz gerecht wurde und nachhaltig wirkende Impulse zur Entwicklung gerade der strukturschwachen ländlichen Regionen geben konnte.
Karl-Heinz
Thiemann, München
Tagungsbericht für die Zeitschrift für Geodäsie,
Geoinformation und Landentwicklung (zfv)