Zum Inhalt springen

Das Kult-Wirtshaus Die Rote Res

Michi Pelikan und Joe Wagner beleben den Leerstand

Zwei junge Männer lachen in die Kamera
Michi Pelikan und Joe Wagner
© florianeichinger
Am Bodenmaiser Marktplatz, direkt gegenüber der örtlichen Pfarrkirche erstreckt sich ein längliches, Jahrhunderte altes Gebäude an dessen Fassade ein hölzernes Schild mit den Lettern ›Rote Res‹ stark vermuten lässt, dass hier seit geraumer Zeit ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde.
Wo um 1700 ein Bauernhof stand, der sich im Laufe der Zeit zur Post- und Raststelle zwischen Regen und Kötzting, etwa zum Wechseln der Pferde, entwickelte, findet man heute Michael Pelikan und Joe Wagner. Die beiden Freunde betreiben die ›Rote Res‹ bestehend aus Bar, Küche, Veranstaltungswirtshaus und Streuobstgarten mit Traumausblick in Richtung Woid und Berg. Im Obergeschoss befinden sich etliche Gästezimmer aus denen nach und nach ein Hostel entstehen soll. Für die ehemaligen Stallungen ist ein Proberaum geplant.
Zur Namenspatronin wurde Therese Pritzl alias › Rote Res ‹ die Gefährtin des legendären Sozialrebellen und Bayerwald-Räubers Michael Heigl ernannt.
Wie so oft entstand die Idee, eine eigene Bar zu eröffnen bei der obligatorischen ‚Hoibe Bier‘ — und der unkomplizierten und praktisch veranlagten Haltung von Joe Wagner und Michael Pelikan sei Dank, ist es nicht nur bei der Idee geblieben! Nachdem das Gebäude 2016 in Joe Wagners Besitz überging und die beiden Jungs an einem beruflichen Wendepunkt standen, haben sie einfach angefangen. »Und irgendwann is‘ nimma zruck ganga«, erinnert sich Michael Pelikan und lacht. Joe Wagner ist gelernter Koch und Michael Pelikan Industriekaufmann, ein unbefriedigendes Studium im Bereich Jura und Landwirtschaft und die Sehnsucht in die Heimat, vor allem die nach den richtigen Leuten ließ die beiden Waidlerbuam zurückkehren in den Bayerwald. Zwei Jahre lang haben sie den alten Gemäuern neues Leben eingehaucht. Böden herausgerissen und neue verlegt, Wände eingerissen, Mauerwerk freigelegt oder verputzt, neue Fenster eingesetzt. Die Möbel sind ein sympathisches Sammelsurium zwischen hölzernem Wirtshausstuhl und 50 er Jahre Sessel, die Raum-Decke kommt in einem eleganten schwarz daher, die Beleuchtung ist schlicht und modern. Kissen auf der großen Fensterbank wurden extra angefertigt, aus ausgewähltem Leder oder Filzstoffen, gefüllt mit Rosshaaren. »Wir wurden schon gefragt, wer unsere Innenarchitekten waren«, lacht Joe Wagner. Dabei haben sie alles selbst gemacht, mit einer Schar hiesiger Handwerker, die sich allesamt innerhalb ihres Gewerkes in der Roten Res verewigt haben. Ein Gestaltungskonzept oder einen genauen Plan, für das was künftig in der Roten Res stattfinden wird, gab es nicht. »Klar war nur von Anfang an, dass eine Bar rein muss«‚, so Joe Wagner. Ansonsten hat eines das andere ergeben.
Die Rote Res ist ein Ort, wo man mitarbeiten kann, wo man sich einbringen darf. »Jeder der bei uns mithilft bekommt etwas zum Essen und Trinken — das ist unser Credo«, betont Joe Wagner. Und so ist auch aus der Baustellen Brotzeit, der ewigen mittäglichen ›Leberkassemme‹ der heutige Mittagstisch entstanden.
2018 öffnete die Rote Res ihre Pforten und der Mittagstisch funktioniert heute so: morgens wird über die sozialen Netzwerke angekündigt, was gekocht wird. Es gibt ein Gericht. Und dann kann man sich anmelden und entweder vor Ort in ihrem Veranstaltungswirtshaus essen oder die Mahlzeit mit nach Hause nehmen. Dabei kommen die Leute sogar aus Regensburg angereist.
Im Veranstaltungswirtshaus ging es 2019 im August mit den ersten Konzerten los, der Raum steht aber auch für private Feierlichkeiten zur Miete zur Verfügung. Die Bar ist von Mittwoch bis Samstag geöffnet.
Die Resonanz war von Anfang an sehr positiv, die Waidler haben die Rote Res gut angenommen. »Und man muss sagen an einem anderen Ort wäre das Projekt Rote Res nicht zustande gekommen und hätte sich auch nicht in diese Richtung entwickelt. Ohne unser Handwerker-Netzwerk. Undenkbar!«, ergänzt Joe Wagner. »Im Woid ist ja grundsätzlich alles da – man muss sich nur zusammenfinden.«
Vom Biohof Häng aus Frauenau kommt mittlerweile Obst und Gemüse. Das Fleisch kommt vom Schlachter ihres Vertrauens in der Höfermühle. Der Kaffee aus der jungen Kafferösterei Gscheidhaferl. Das Hausbier mit eigenem Etikett von der Pfefferbrauerei in Zwiesel. Die Konzerte werden zum Teil gemeinsam mit Olli Zilk aus dem ‚Alten Spital‘ in Viechtach und Christian Schwarz vom Jugendcafé organisiert. Joe Wagner und Michael Pelikan setzten auf regionale und unkomplizierte Kooperation.
Und genau hierbei hat den beiden auch das Netzwerk Heimatunternehmen unter die Arme gegriffen. Michael Pelikan beschreibt das so: »Man arbeitet im gleichen ›Gai‹ und teilweise im gleichen Metier, aber keiner kennt sich und hier verkürzt das Netzwerk die Wege. Man trifft direkt die Menschen hinter den Projekten.«
Die Rote Res ist weit mehr als eine Bar oder ein Wirtshaus. Es ist ein Ort der Zusammenkunft, wo man sich einbringen darf, wo getreu dem Erich Kästner Zitat: »Es gibt nichts Gutes außer man tut es« angepackt wird und das am besten gemeinsam — mit gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Ehrlichkeit.
Gefördert wurde die Rote Res über den Fördertopf der EFRE.
Vorheriger HeimatUnternehmer Nächster HeimatUnternehmer