Handdruck: Die menschliche unter den Drucktechniken
Als er 2016 das erste Mal in der Druckerei Kammerlander, eine alt-ehrwürdige Druckerei in Kempten (Allgäu), auf die traditionellen Bleibuchstaben, die für den Hand- und Buchdruck eingesetzt werden, stieß, war er sofort begeistert. Hunderte von Schriften lagerten noch in hölzernen Setzkästen und Schüben, unterschiedliche Schriftschnitte und -grade ergaben eine reiche Vielfalt. Seit Johannes Gutenbergs Erfindung des mechanischen Buchdrucks haben immer wieder die kleinen Bleitypen der Drucker und Schriftsetzer für ordentlich Wirbel in der Geschichte gesorgt, für Revolution, Information und Kommunikation, für Schlagzeilen, Emotion und Ästhetik. Michael fasste sofort den Entschluss: diese wertvollen Kulturschätze müssen erhalten, müssen vor allem wieder belebt werden.
Mit Robert Bullinger, einem Freund und langjährigen beruflichen Weggefährten, wurde die Idee der ersten Stunde immer wieder diskutiert und angefacht, wo es notwendig war. Dann neben dem eigentlichen Hauptbetrieb der Druckerei das notwendige Equipment besorgt, Fachwissen und Organisation diskutiert, bis es endlich soweit war: ein erster öffentlicher Workshop sorgte für weitere begeisterte Druckliebhaber. Weitere Workshops folgten und sind nun eine feste Einrichtung geworden.
Bleitypen mit Haut und Haar
Als „Bleitypen“ haben sich Michael und Robert inzwischen auch einen Namen für ihre Initiative gegeben. Als Bleitypen, mit Haut und Haar dem Buchdruck, dem Papier und den Bleilettern verfallen, sehen die beiden sich auch selbst. Als Bleitypen organisieren und entwickeln sie die „Offizin K“, die historische Abteilung der Druckerei Kammerlander.
Dabei begann ihre Leidenschaft jeweils schon viel früher. Michael hat bereits mit 15 Jahren eine Schriftsetzerlehre gemacht und war als Industriemeister Druck und Werbefachmann über Jahre dem Gestalten und Kommunizieren mit Schrift treu geblieben. Robert, PR-Spezialist und ehemaliger Verleger, hatte als Drucker-Sohn schon von Kindesbeinen den Duft von Druckerschwärze in der Nase, ergänzt von unauslöschlichen Gerüchen und Geräuschen der druckenden Zeitungswelt. Was ist „Bleitypen“ für sie? „Hier steckt unser Herzblut drin, unsere Begeisterung für Typographie und Papier. Die wollen wir weitergeben!“
Alte Technik – neu belebt
Weitergeben bedeutet für Robert und Michael, dass sich bei ihnen Menschen begegnen und selbst Hand anlegen bei der Ausübung des traditionellen Druckhandwerks. Im eigenen Tun liegt für sie der Schlüssel für Verständnis und Begeisterung.
Regionalität ist ihnen dabei sehr wichtig. Hier, wo sie leben, im Allgäu, möchten sie bekannt machen, dass man vor Ort fair und gut drucken lassen kann, dass ein regional adäquates Angebot besteht. Und dass eine jahrhundertealte Kulturtechnik, wie es das UNESCO-Weltkulturerbe der künstlerischen Drucktechniken ist, auch im Süden Bayerns verwurzelt ist.
Im Jahr 1704 liegt der Ursprung der Druckerei Kammerlander, seit 2016 soll ihre „Offizin K Druckwerkstatt“ mit Michaels Ideen, gestärkt durch Sparringspartner Robert, wieder Träger der faszinierenden Hand- und Buchdrucktechnik mit Bleitypen sein. Offen für jeden Interessierten.
„Auf den ersten Blick liegt der Heimatwert von Michael und Robert darin, dass die beiden sich mit großer Begeisterung für den Erhalt einer historischen Kulturtechnik engagieren. Auf den zweiten Blick darf man feststellen, dass sie die Menschen für hochaktuelle Themen sensibilisieren: Für das gedruckte und damit gut recherchierte Wort, für die Klarheit von Typografie durch Reduzierung auf das Wesentliche und für Entschleunigung durch analoges Handwerk. Als Heimatentwicklerin unterstütze ich Michael und Robert beim Ausbau der Workshops und stehe ihnen als Sparringspartnerin bei der Weiterentwicklung ihrer Visionen zur Seite.“ Manuela Müller-Gaßner, HeimatEntwicklerin
Kontakt:
Kammerlander Druck
Aybühlweg 57
87439 Kempten
Tel. 0831-83371, kd-druck@t-online.de
www.bleitypen.de
Michael Brust und Robert Bullinger
Die "BleiTypen" im Einsatz für Handbleisatz und Buchdruck
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Schwaben