In der Schnitzmühle orientiert man sich an Werten
Die Reise seines Lebens begann für Kristian Nielsen vor rund 30 Jahren, während der Ausbildung zum Kaufmann für Tourismus in München. Da machte er Erfahrungen mit cholerischen Vorgesetzten, die er heute als „unmenschlich“ bezeichnet. „Ich war froh, wieder heimzukommen“, sagt er rückblickend. Daheim, das war in Viechtach. Und dort steht seit gefühlt schon immer die Schnitzmühle, die erst – wie der Name schon sagt – eine Mühle war und später ein Gasthof. Was die „Schnitze“ noch alles sein könnte, darüber begannen Kristian und sein Bruder Sebastian nach ihrer Rückkehr in die Heimat intensiv nachzudenken. Denn wenn sie hier eine Zukunft haben wollten, musste das Unternehmen eine Zukunft haben.
Inspiriert vom innovativen Nürnberger Schindlerhof-Gründer Klaus Kobjoll, feilten die beiden rund ein Jahr lang an einem Konzept. Sie wollten aus der Schnitzmühle auf keinen Fall „das x-te Landhotel“ machen. Es sollte etwas Außergewöhnliches sein, was es in der Region bisher nicht gab. Vor allem aber wollten Kristian und Sebastian einen Betrieb aufbauen, der sich in erster Linie an Werten orientiert.
Die Mitarbeitenden kommen, um zu bleiben
Herausgekommen ist dabei das Adventure Camp Schnitzühle, das die Süddeutsche Zeitung als „Mischung aus Glamping, Boutiquehotel und Natur-Idyll“ beschrieb. Also unwiderstehlich. Bei der Großfamilie Nielsen – ja, es packen tatsächlich fast alle mit an – ist vieles möglich: Von der wilden Lagerfeuer-Romantik im Zelt über Ferienhaus-Gemütlichkeit bis hin zu maximalem Komfort inklusive Sauna, Spa und Massage. So wie im Restaurant eine faszinierende Bandbreite serviert wird und bayrische Wirtshaustradition auf thailändische Küche trifft.
Das namensgebende „Adventure“ darf man getrost wörtlich nehmen: Wer das Abenteuer sucht, findet es bei Kanu-Touren auf dem dahinrauschenden Schwarzen Regen, bei Ritten über verschlungene Pfade oder Wanderungen durch den gewaltigen Bayerischen Wald, der magisch sein muss, anders lässt sich seine Anziehungskraft nicht erklären.
Das Konzept geht auf. Heute hat das Unternehmen einen Umsatz von 6 Millionen Euro und 105 Mitarbeitende. Worauf Kristian Nielsen besonders stolz ist: Sein ursprünglicher Küchenchef und die ersten zehn Angestellten sind heute noch Teil des Teams. Das liegt nicht zuletzt an etwas, das Kristian Nießen zunächst als „sehr starkes Inhouse-Marketing“ bezeichnet und dann mit klaren Worten konkretisiert: „Der Mensch ist bei uns nicht ein Mittel, sondern der Mittelpunkt.“
Das ist nicht dahingesagt. Das ist gelebte Haltung. Was dazu führt, dass Kristian Nielsen große Teile seines Arbeitstages damit verbringt, sich mit seinen Mitarbeitenden zu unterhalten, ihnen intensiv zuzuhören, ihre Sorgen ernst zu nehmen und, falls gewünscht, gemeinsam nach Lösungen für Probleme zu suchen. Da werden für Mitarbeitende, die Support brauchen, schon mal Behördengänge übernommen oder Steine aus dem Weg geräumt, nach denen sich andere Unternehmer nicht einmal bücken würden.
„Emotionales und humanes Wirtschaften treibt uns täglich an“, heißt es auf der Website der Schnitzmühle. „Unsere Leute“, sagt Kristian Nießen, „sind das Wertvollste, was wir haben.“ Er ist erkennbar stolz auf sein bunt gemischtes, multinationales und generationenübergreifendes Team.
„Unsere Heimat soll etwas davon haben“
Von großem Wert ist für das Familienunternehmen darüber hinaus die Verwurzelung in der Region, die deshalb stets mitgedacht wird. Gemüse, Brot und andere Zutaten werden möglichst heimatnah eingekauft. Wo regionale Wertschöpfung möglich ist, findet sie statt. Und die Einheimischen sollen weiterhin gern in ihr Gasthaus, „ihre Schnitze“, kommen und sich dort wohlfühlen. „Die wollen wir auf keinen Fall verlieren“, sagt Kristian Nielsen. Als HeimatUnternehmer durch und durch ist es ihm ein großes Anliegen, dass die Region von der Schnitzmühle profitiert. „Unsere Heimat soll etwas davon haben“, sagt Kristian Nielsen.
Gleichzeitig soll die Schnitzmühle ein Ort sein, an dem „positive Zukünfte kreiert werden“. Auch für das Unternehmen selbst. Denn es befindet sich längst wieder im Wandel. Als „Projekt-Mensch“ arbeitet Kristian Nielsen zusammen mit seiner Familie und seinem Team bereits an der erneuten Transformation des Ortes, um ihn fit zu machen für die kommenden Jahre. Das Konzept wird weiterentwickelt – und möglichst viele sollen daran mitwirken. „Wir brennen für die Zukunft“, sagt Kristian Nielsen. Er selbst zieht große Energie daraus, wenn etwas Neues entsteht.
Diese neuen Wege gemeinsam mit Familie und Mitarbeitenden zu gehen, alle von Anfang an mitzunehmen, ist das A und O. Das passt auch zum holistischen Denken, das Kristian Nielsen verinnerlicht hat, das Systeme als Ganzes betrachtet und davon ausgeht, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Sich mit den alten Philosophen zu beschäftigen, hilft dem umtriebigen Macher dabei, sich zu entspannen und gelassen zu bleiben. Was ihn ebenfalls erdet, sind Trips in die Wüste, die er hin und wieder unternimmt. Einfach mal den Kopf freibekommen in der Stille und den Blick weiten in der scheinbaren Unendlichkeit. Dann ist wieder Platz für frische Ideen. „Ich habe immer eine Vision“, sagt Kristian Nielsen. „Und ich brenne für die Schnitze.“