Herzlich und sinnvoll
Am Nebentisch wird per schlankem Silberlaptop gearbeitet - er
genieße die Atmosphäre, sagt der Herr dahinter. Und auch wir haben zwei
Espresso am Tresen vor der Nase, kaum dass wir den Gedanken daran laut gedacht
haben. Aufmerksam und herzlich sind wir empfangen worden, mit genau dem
richtigen Quäntchen echter Zuwendung, welches einen Einkauf persönlich, aber
nicht aufdringlich macht.
Ein tolles Team steht hinter Anja Dördelmann und Christian Mögele,
den beiden ehrenamtlichen Vorständen der Herzstück Horgau eG. Die Herzstück
Horgau eG ist Betreiberin der beiden Herzstück-Läden mit Kaffeewirtschaft im
Augsburger Umland und Kooperationspartnerin für regionale Bio-Unternehmen.
Außerdem bietet sie erfolgreich ein bio-regionales „Klima-Catering“ an.
Die Herzstück eG: klassisch genossenschaftlich, aber ideell
Ziel der Genossenschaft ist es, sinnvoll zu wirtschaften, indem gemeinschaftlich
Läden für selbst erzeugte, biologische und vorwiegend regionale Produkte betrieben
werden. Diese Mischung aus Dorf- und Hofladen sowie Kaffeewirtschaft mit
eigenen Produkten gibt dem „Herzstück“ sein unverwechselbar
engagiert-sympathisches Profil: hier fließt die Wertschöpfung direkt in das
unmittelbare Umland zurück. Nicht in große Konzerne und Handelsprofite, die Mensch und
Natur schaden. Sondern in die Heimat eben.
Heimat zwischen Urwald und Westlichen Wäldern
Doch die Werte der Genossenschaft gehen noch weiter. Weil sie „Heimat“ nicht nur soweit denken wie der Blick vom Kirchturm reicht, sind die „Herzler“ darauf bedacht, ihre gesamten Produkte von ökologischer und möglichst naturverträglicher Qualität auszuwählen. Auch die Importe wie Kaffee oder Schokolade.
Außerdem müssen soziokulturelle Bedingungen für alle Beteiligten positiv gestaltet werden. Auf dieser Basis soll dann ein waschechtes nachhaltiges Wirtschaften möglich werden. Dabei ist das Wertvolle: Die Genossenschaft gehört Einzelnen oder nicht privatem Reichtum, sondern den Genoss:innen, die den notwendigen wirtschaftlichen Wandel „in der Heimat“ aktiv gestalten.
Handel, Produktion und Vertrieb mit Gesicht
Man kann sich im Herzstück von daher in alle Richtungen und Verkaufsbereiche wenden, ob Molkerei-Produkte, Brot, Getreidewaren, Gemüse oder Getränke: Anja kennt sie alle. Wer die ehrlichen Waren mit Gesicht, die großteils direkt von Höfen und regionalen Erzeugern kommen, gemacht hat, ist hier nicht abstrakt, sondern eine reale menschliche Beziehung. Über 20 Erzeuger:innen sind auch in der Genossenschaft aktiv. Man zieht an einem Strang, um die Augsburger Region mit einer artenreichen und gesunden Natur sowie kleinteiligen und familiären Betrieben aufrecht zu erhalten oder sogar auszubauen. Denn es gibt auch neue Unternehmen, wenn junge Menschen oder Familien sich ein eigenes, ökonomisch und ökologisch sinnvolles Standbein aufbauen möchten.
Dann sind Vertriebskanäle wie das Herzstück sehr wichtig. Zwei
der von Anja Dördelmann im Herzstück vernetzten Betriebe, die Cumpanum Bäckerei und das Rote Pony
Bio-Bier mit dem Bio-Hof Förg, werden wir auch noch besuchen, um etwas von
ihrer Geschichte zu erfahren.
Mit HeimatUnternehmen vernetzt Anja weiter
Außerdem gibt Anja ihre Erfahrung und ihre vernetzende Handlungskompetenz bei HeimatUnternehmen weiter. Sie ist HeimatEntwicklerin mit unternehmerischer Erfahrung und auch ein Beispiel für die notwendige Anpack-Mentalität im Ländlichen Raum. „Anja ist unser Herz“, sagt ihr Vorstandskollege Christian Mögele sofort, als ich ihn nach ihr frage. Und schiebt gleich hinterher: „Und unser Kopf. Sie hat immer wieder neue Ideen, überlegt sich Lösungen und bringt uns voran.“
Mögeles haben selbst eine Landwirtschaft daheim. Dass er seine Hoferzeugnisse und veredelten Lebensmittel im Herzstück gut aufgehoben weiß, wertet Christian Mögele als besonders positiv. Die Herzstück eG kümmert sich darum, dass die vielen Produkte der Mitglieder und Zulieferer ansprechend und gebündelt auf den Markt kommen, und die Kund:innen ein angenehmes und umfassendes Einkaufserlebnis haben, das sich preislich nicht groß von einem Lebensmittelvollsortimenter unterscheidet.
„Sehr wichtig ist mir, dass wir dazu beitragen, dass die Menschen
wieder mit der Lebensmittelherstellung in ihrem Umfeld in Verbindung kommen“,
sagt Christian Mögele. Sie müssten wieder verstehen, was Landwirtschaft leistet. „Das Herzstück ist dafür eine Plattform.“
Über Mithilfe die Kosten im Zaum halten
Gerade in der angespannten Wirtschaftslage ist das Herzstück aber noch mehr
als bisher auf seine Mitglieder angewiesen. Durch freiwillige Arbeitsstunden können die Mitglieder und
Freiwillige dem durch Inflation und Produktteuerung
beanspruchten Betrieb Erleichterung bringen.
Dieses Mitglieder-Konzept – Hilfe gegen günstigere Einkaufspreise
– heißt im urbanen Jargon anderswo FoodHub oder SuperCoop. Es lebt vom
solidarischen Miteinander. Eher eine Besonderheit ist dabei, dass das Herzstück weiterhin für
alle offen bleibt und jede:r zu den vergünstigten Produktpreisen einkaufen
kann. „Wir halten es wie die Feuerwehr,“ erklärt Anja. „Die kommt auch bei
jedem, egal, ob Mitglied oder nicht.“ Wer mag, kann trotzdem gerne Anteile
zeichnen und Genossenschaftsmitglied der Herzstück eG werden.
Anpacken, wenn's brennt
Die Feuerwehr ist ein gutes Bild, um zu verstehen, was Anja
Dördelmann und die „Herzler“ antreibt. Die Erde brennt: lokal und global
verantwortliches Handeln ist notwendig. Aber – und das weiß jede Feuerwehr
zwischen Berg und Tal – nur wenn viele mithelfen, entsteht Durchschlagskraft.
Nur gemeinsam kann es gelingen, wirksam zu sein. Also anpacken.
Mit viel Inspiration im Sinn und einem sehr guten Espresso im Bauch ziehen Daniel und ich auf unserem Streifzug weiter. Es ist eine Stärke, den Begriff Heimat vielschichtig und verantwortungsvoll zu denken. Das hat uns das Herzstück gezeigt.
Kontakt
Herzstück Rothtal (Laden mit
Kaffeewirtschaft)
Augsburger Straße 2a
86497 Horgau
Herzstück Schmuttertal (Laden mit
Kaffeewirtschaft)
Hauptstraße 30
86420 Diedorf
E-Mail: info@herzstueck-horgau.de
https://www.herzstueck-horgau.de/