Zum Inhalt springen

Innovative Versorgung im ländlichen Raum

Erste Dorfladenbox Nordbayerns steht in Obernsees

Besucher in der Dorfladenbox am Eröffnungstag
Die Dorfladenbox in Obersees ist ein automatischer Selbstbedienungsladen
© Adriane Lochner / HeimatUnternehmen Bayern

Bayreuther Landrat Florian Wiedemann sprach von „fairen Preisen und einer guten Zusammenarbeit mit den regionalen Produzenten“. Die Dorfladenbox am Thermenparkplatz in Obernsees sei einmalig in Nordbayern und schließe eine wichtige Versorgungslücke. „Dieses Projekt ist nicht nur innovativ und regional, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Nahversorgung im ländlichen Raum“, betonte Wiedemann bei der Eröfffnungsveranstaltung. Karl Lappe, Bürgermeister der Gemeinde Mistelgau, schloss sich dem Landrat an: „Wir freuen uns, dass jetzt in moderner Form eine Einkaufsmöglichkeit vorhanden ist.“

Großer Bedarf an Einkaufsmöglichkeiten

Alle bisherigen Versuche seien fehlgeschlagen, denn aufgrund der geringen Einwohnerzahlen der umliegenden Ortschaften sei keine der großen Supermarktketten bereit gewesen, an dem Standort eine Filiale zu eröffnen. Lappe zufolge wurden bei der Einschätzung die jährlich rund 270.000 Thermenbesucher und die zahlreichen Gäste der umliegenden Ferienhäuser sowie der Wohnmobilstellplätze nicht berücksichtigt. Thermen-Betriebsleiter Uli Gesell freute sich über die Aufwertung: „Es ist hervorragend, dass wir nun eine Einkaufsmöglichkeit haben.“ Sowohl Thermenbesucher als auch Feriengäste hätten beim Personal häufig nachgefragt, wo man noch schnell Lebensmittel einkaufen könne. Die Dorfladenbox mitsamt Produktangebot werde bereits in der Therme beworben.  

Zutritt via Smartphone-App

Bei der Dorfladenbox handelt es sich um einen modern gestalteten Ladencontainer, der Platz bietet für rund 2500 Regionalprodukte in vier Regalreihen, fünf Kühlschränken und einer Gefriertruhe. An der Außenwand ist deutlich der QR-Code abgebildet, über den sich Kunden die App namens „Dorfladenbox“ auf das Smartphone laden können. Beim Einkauf in dem automatischen Selbstbedienungsladen können Kunden die Waren selbst scannen und via App bezahlen. Die Dorfladenbox ist ein Franchisesystem aus Österreich, das bereits an mehr als 20 Standorten genutzt wird. Bei einem Besuch in Untermeitingen in Bayerisch-Schwaben machten sich die beiden HeimatUnternehmer, Norbert Böhmer, Landwirt aus Schrenkersberg, und der Geschäftsführer der Boxenstopp Fränkische Schweiz GmbH, Julius Stintzing, mit dem Konzept vertraut und beschlossen, es am Standort in Obernsees auszuprobieren. Julius Stintzing übernahm die Federführung und hatte zum Tag der Eröffnung bereits 22 Erzeuger mit mehr als 250 Produkten für die Dorfladenbox gewonnen. Weitere Produzenten kommen hinzu.

Finanzierung teils über Genussrechte

„Die Dorfladenbox ist ein spannendes Konzept, um die Versorgungslücke im ländlichen Raum zu schließen und regionale Erzeuger bei der Vermarktung ihrer Produkte zu unterstützen“, bestätigt die oberfränkische HeimatEntwicklerin Marion Deinlein. Sie hatte Julius Stintzing bei der Auswahl der Produktpalette unterstützt, bei der Betreuung des Bauvorhabens sowie bei der Finanzierung über Genussrechte. So nennt man die Investitionseinheiten, mit denen sich Bürger an der Gründung des Dorfladens in Obernsees beteiligen können.  Deinlein hatte Kontakt hergestellt zu Petra Wähning, Expertin von der Münchner Genussinvest GmbH, die nach Obersees kam, um Julius Stintzing zu beraten und interessierte Investoren zu informieren. Sie erklärte: „Merkmal dieser Finanzierungsform ist die enge Beziehung zu den Menschen in der Region. Das stärkt den Betrieb und gibt Verbrauchern das gute Gefühl, in ein sinnvolles Projekt investiert zu haben.“

 Große Nachfrage an Sonn- und Feiertagen

Bereits einen Monat nach der Eröffnung waren die Umsätze der Dorfladenbox gut, doch sie könnten besser sein, wenn der personallose Regionalladen auch sonntags öffnen dürfte. Heimatunternehmer Julius Stintzing bestätigt: „Vor allem an Sonntagen ist die Nachfrage sehr hoch. Die Kunden verstehen nicht, warum der personallose Laden nicht geöffnet werden darf.“ Grund ist das Gesetz über den Ladenschluss, das ein Sonntagsverkaufsverbot vorschreibt. Allerdings gibt es Ausnahmen. Verkaufsautomaten dürfen an Sonn- und Feiertagen öffnen. „Die Dorfladenbox darf das nicht, weil sie als ‚digitaler Kleinstladen‘ definiert ist. Allerdings ist sie personallos und vollautomatisiert und müsste daher als ‚begehbarer Automat‘ gelten“, erklärte Julius Stintzing.

 Appell an Bayerischen Landtag

Zwar hat die Gemeinde Mistelgau Anfang August 2023 eine Ausnahmegenehmigung erteilt, sodass die Dorfladenbox auch während des monatlichen Thermenmarkts öffnen darf. Doch sind das lediglich vier Sonntage im Jahr. HeimatUnternehmer Julius Stintzing richtete einen Appell an den Bayerischen Landtag, die Sonderform der Dorfladenbox in der Gesetzgebung zu berücksichtigen. „Vor allem in ländlichen Gebieten, wo Supermärkte nur mit dem Auto erreichbar sind, klafft eine große Versorgungslücke. Mit der vergleichsweise günstigen, personallosen Lösung ließe sie sich schließen“, so Stintzing. Das Konzept der Dorfladenbox sei so innovativ, dass es noch keine gesetzliche Regelung bezüglich der Sonntagsfrage gibt.


Weitere Empfehlungen zu diesem Thema

Vorheriges Projekt Nächstes Projekt