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Lioba Degenfelder - A.ckerwert

Die Naturschutz und Landwirtschaft zusammenbringt

Projekt: A.ckerwert
Lioba Degenfelder
Lioba Degenfelder
© Carla Hauptmann
Es ist, wie bei so vielen erfolgreichen Projekten: Warum ist da vorher noch niemand draufgekommen? Das ist doch so naheliegend! Genau das fragt sich Lioba Degenfelder auch. 2020 hat sie A.ckerwert gegründet, ein Projekt, das nachhaltiges Verpachten unterstützt. Grob gesagt geht es darum, Pachtverträge so zu gestalten, dass Landwirte ihre Flächen naturverträglich und trotzdem auskömmlich bewirtschaften können (mehr darüber hier).
Warum ausgerechnet Lioba Degenfelder erst draufkommen musste? Das hat viel mit ihr selbst zu tun. Mit ihrer Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen. Die Lebenswelten anderer zu sehen und zu verstehen. Und mit ihrem Willen, Dinge, die ihrer Meinung nach Veränderung brauchen, auch anzupacken. „Wenn mich ein Thema interessiert, denke ich, da muss man doch was machen“, sagt sie. Sie sagt es aber nicht nur. Sie macht es. Und „interessiert“ trifft es auch nicht ganz. Sie brennt dafür.

Eine ziemlich elegante Methode
„Es gibt Zeitfenster, in denen Themen förmlich darauf warten, dass man sie pusht“, findet Lioba Degenfelder. Für A.ckerwert scheint die Zeit reif und Lioba genau die Richtige zu sein. „Eine Veränderung in der Landwirtschaft zu initiieren, indem man Flächeneigentümer dabei unterstützt, gemeinsam mit den Landwirten zu einem naturverträglicheren Bewirtschaften zu kommen, ist eine unglaublich elegante Methode“, sagt sie, „kein Zwang, keine Verbote, und es braucht keine riesigen Fördermittel.“ Aber es braucht jemanden, der sich im Thema auskennt und der die Sprache beider Interessensgruppen spricht. Schon im Studium hat sich die Umweltingenieurin dafür interessiert, was ihre Kommilitonen in der Landwirtschaft so lernen und denken. Eine gute Übung in der Diskussion zwischen den verschiedenen Echoblasen sei das gewesen, sagt sie.

In den Lebenswelten abholen
Das scheint sich wie ein Grundprinzip durch ihr Tun und Denken zu ziehen: Die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Lebenswelten auszuloten und zu schauen, wie sie diese zusammenbringen kann. Etwas Bestehendes, durchaus auch traditionelles, das sie liebt und schätzt, in eine neue Form zu bringen. In eine Form, die zu den jeweiligen Lebenswelten passt. Das war schon während ihrer langjährigen Zeit als Bildungsreferentin beim Bund Naturschutz so, das macht sie, wenn sie mit ihrem Kontrabass in zwei Bands spielt – davon später mehr – und das tut sie jetzt auch bei A.ckerwert, dem Projekt, mit dem sie den Sprung in die Selbständigkeit gewagt hat. Dabei setzt sie nicht nur fachlich an. „Ich muss ein Gefühl für den Menschen entwickeln“, sagt sie, „seine Motivation erkennen und ihn auf dem richtigen Fuß erwischen.“ In den allermeisten Fällen erwischt sie ihn, und dann finden Landwirte – konventionell arbeitende und Biolandwirte – und Verpächter zusammen und einigen sich auf diverse Naturschutzmaßnahmen auf den Flächen.

Frauen kommunizieren anders
„Ich glaube, dass sowohl der Landwirtschaft als auch dem Naturschutz eine weibliche Sicht und Herangehensweise fehlt. Die Landwirtschaft ist stark männlich geprägt und eher auf technische Lösungen aus, und im Naturschutz dominiert das Intellektuelle und Naturwissenschaftliche,“ sagt Lioba Degenfelder. Wahrscheinlich kommen deshalb auch überproportional viele Frauen als Flächeneigentümerinnen zu ihr. Achtzig Prozent schätzt sie. Frauen spüren den sozialen Aspekt mit und haben das Gefühl, im Konsens etwas verändern zu können, hat sie festgestellt. „Ganz viele Eigentümerinnen sagen mir, dass sie ihre Heimat nicht mehr schön finden, dass ihnen die Ästhetik fehlt.“ Schönheit? Die ist weder in der Landwirtschaft noch im Naturschutz ein Thema. „Aber kann man nicht einfach sagen, dass es einem im Herzen weh tut, wenn man in einer ausgeräumten Landschaft steht?“, fragt sie sich.

Was macht Veränderungen schwierig?
Bei ihr kann man das. Denn sie setzt auf Kommunikation und zwar auf eine nachhaltige, darin ist sie ziemlich gut. Klar, sie weiß genau, dass das alleine nicht reicht, um Landwirtschaft und Naturschutz stärker miteinander zu verbinden. Schließlich ist sie alles andere als eine weltfremde Träumerin. Eine ehrliche Sicht auf die Möglichkeiten der Landwirte, ein Netzwerk an Fachleuten, einen Überblick über Fördermöglichkeiten, das sind die handfesten Dinge, die Lioba Degenfelder sowieso mitbringt. Was die meisten Gespräche aber zu einem guten Ergebnis bringt, ist vielleicht eher, dass sie lieber mit Fragen als mit fertigen Antworten kommt. Dass sie weiß, dass Veränderungen immer einen emotionalen Auslöser haben. Dass es viel Ehrlichkeit und Mut fordert, die eigene Haltung zu hinterfragen. Manchmal kämen Landwirte dann selbst mit guten Ideen, mit denen sie vorher gar nicht gerechnet hatte. Denn „nur wenn sich miteinander etwas entwickelt, kommt eine Lösung heraus, mit der alle gut leben können“, sagt sie, „alles andere ist ja auch nicht nachhaltig.“

Nicht nachlassen mit der Öffentlichkeitsarbeit
Als sie mit A.ckerwert gestartet ist, hat Lioba Degenfelder gleich gemerkt, „dass da Musik drin ist“, wie sie sagt. Das bedeutet aber auch, dass sie das Gesicht von A.ckerwert sein und die Melodie vorgeben muss. Sie bespielt dafür alle Kanäle von Website und Social Media bis Radio und Fernsehen. Locker, sympathisch, aber nie oberflächlich. Vielmehr ist ihr Anliegen spürbar, mehr noch – ihre ganze Leidenschaft für das Thema. Sie hat mit A.ckerwert schon mehrere Preise gewonnen, aber die sind ihr nur deshalb wichtig, weil sie damit messbar mehr Menschen mit ihrem Projekt erreicht. Allerdings erfordet das dauernde enorme Schubkraft und öffentliche Präsenz. Froh sei sie, dass A.ckerwert seit Anfang 2023 mit zwei Landschaftspflegeverbänden in Unterfranken und Oberbayern kooperiert und jetzt auf mehrere Schultern verteilt ist.

Energie aus jeder Positionen heraus
Woher holt sie diese ganze Energie für die eigene Schubkraft? „Am liebsten aus intakten, lebendigen Landschaften“, meint Lioba Degenfelder. Und aus der Musik. Urtraditionelle bayerische Volksmusik macht sie in der einen, Weltmusik in einer anderen Band. Nur dass sie da im Gegensatz zu A.ckerwert mit dem Kontrabass nicht die Melodie vorgeben muss, sondern das tragende Element im Hintergrund ist. Aber vielleicht liegt das Geheimnis dafür, Veränderungen voranzubringen, ja genau darin: Hin und wieder die eigene Position verändern und schauen, wie es andere machen. Und mit Energie versorgen, damit alle zusammen zu einem guten Ergebnis kommen. Das dann am Ende auch noch richtig schön ist.

Kontakt:
Lioba Degenfelder
„LIOBAS – Strategien und Kommunikation für ökologische Nachhaltigkeit“
Eichenstraße 4
84107 Weihmichl
Tel.: 0176 / 233 667 14
E-Mail: info@ackerwert.de
www.ackerwert.de
www.liobas.de

https://www.facebook.com/ackerwert
https://www.instagram.com/ackerwert/


Text: Bärbel Faschingbauer
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